„Wie kann man so blöd sein? Ich verstehe diese Menschen nicht! Mit denen kann man auch gar nicht reden!“ Viele von euch haben uns geschrieben, dass sie es verlernt haben, mit Andersdenkenden zu diskutieren. Sie können nicht nachvollziehen, wie man eine andere Sicht auf die Dinge haben kann: Auf die Flüchtlingspolitik. Auf die AfD. Auf Ostdeutschland. Auf den Islam. In unserer Politik-Recherche „Was ist los mit dir Deutschland?“ wollen wir deshalb etwas versuchen, was in der Theorie ganz einfach ist, in der Praxis aber oft nicht funktioniert: Miteinander sprechen. In der ersten Folge haben wir genau das versucht – und zwar auf einer Merkel-muss-weg-Demo in Berlin.
Wie tauscht man sich mit Leuten aus, die eine ganz andere politische Meinung haben als man selbst? Und warum sind manche Menschen in Deutschland so wütend, dass sie auf „Merkel muss weg“-Demos gehen? Für Folge 1 „Mein Weltbild – Dein Weltbild“ sind wir nach Berlin gefahren. Wir wollten wissen: Wie informieren sich die Leute auf der Demo über Politik? Was macht sie so wütend? Wie hat sich ihre Haltung in den vergangenen Jahren verändert? Und wie reagiert ihr Freundeskreis darauf?
Hintergrund zur Recherche
1. Warum gerade dieses Thema?
Als wir euch nach Themen für unsere politische Recherche gefragt haben,
ist eine Sache immer wieder in euren Vorschlägen aufgetaucht: Die Diskussionskultur in Deutschland. Und: Die Erwartung an uns, dass wir uns auch mit den Leuten auseinandersetzen sollen, die eine ganz andere politische Meinung haben als der Großteil unserer User. Denn viele von euch hatten das Gefühl, dass sie immer seltener mit Menschen über Politik reden, die eine andere politische Einstellung haben. Einige von euch haben sich dabei auch auf die sogenannte Filterbubble bezogen, also auf die digitale Welt, in der sie sich bewegen und in der sie von anderen Meinungen nicht sonderlich viel mitbekommen.
Wir haben versucht, diese Vorschläge unter dem Oberbegriff „Mein Weltbild – Dein Weltbild“ zu bündeln und uns dazu entschlossen zu diesem Thema zwei Videos zu produzieren: Eines, in dem wir uns explizit anhören, was Leuten mit einer extremen Meinung zu sagen haben (Merkel-muss-weg-Demo). Und eines in dem wir gezielt nach Menschen suchen, die ihre Meinung öffentlich eigentlich gar nicht mehr sagen, weil sie von der Diskussionskultur in Deutschland so erschlagen sind (Schweigende Mehrheit, das wird unser zweites Video).
2. Welche Schwierigkeiten traten bei der Recherche auf?
Ursprünglich wollten wir Leute finden, denen wir einen Tag lang beim Social-Media-Konsum zuschauen und anhand dessen rekonstruieren, wie sich ihr Weltbild aufbaut. Tatsächlich haben sich auch einige Freiwillige gemeldet, denen wir beim Facebook-Nutzen über die Schulter hätten schauen können. Diese Leute waren aber in der Regel selbst Mitglied in einer Partei und wir wollten ja aber gerade mit den Menschen in Kontakt kommen, die nicht im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen oder über die wir trotz viel Berichterstattung wenig wussten. Deshalb haben wir uns dann dazu entschlossen, zunächst auf der Merkel-muss-weg-Demo die Leute nach ihrem Weltbild zu befragen und vor allem natürlich danach, wie sie zu dieser Einstellung gelangt sind und dann auf der Straße nach Leuten zu suchen, die sich öffentlich eigentlich gar nicht politisch äußern (Wir fanden sie im Saarland und in Duisburg).
Bei der Merkel-muss-weg-Demo gab es natürlich die Schwierigkeit, dass diese ähnlich wie PEGIDA Demonstrationen dafür bekannt sind, nicht sonderlich journalistenfreundlich zu sein. Wir wussten deshalb nicht, ob überhaupt jemand mit uns sprechen würde und tatsächlich haben die meisten Leute, die wir ansprachen, uns ignoriert. Mit vier Personen kamen wir aber dann doch noch ausführlich ins Gespräch und diese Personen waren auch sehr freundlich zu uns. Vermutlich hat das nur funktioniert, weil wir auf der Demo sehr zurückhaltend aufgetreten sind und selbst wenig gesagt haben – auch wenn uns das teilweise sehr schwer fiel. Es war aber vermutlich notwendig, um zu erfahren, wie sich die Meinung der Leute in den vergangenen Jahren verändert hat.
3. Was haben wir gelernt?
Neben erwartbaren Themen wie „Flüchtlinge“ und „Islam“ (beides Themen, mit denen wir uns im weiteren Verlauf der Recherche natürlich auch auseinandergesetzt haben), waren die Demonstranten auch wütend über die Sozialpolitik. Als ein Beispiel wurde der Kältebus in Berlin benannt, der zur wenig Schlafplätze zur Verfügung hätte. Wir haben das zum Anlass genommen, selbst eine Nacht mit dem Berliner Kältebus mitzufahren, um zu überprüfen ob das stimmt und was in der Obdachlosenhilfe besser laufen könnte. Das Ergebnis seht ihr nächste Woche.
4. Was hätten wir besser machen können?
Bestimmt ganz viel. Schreibt uns eure Meinung einfach in die Kommentare oder auf Facebook, Snapchat (Name: Crowdspondent), Twitter, Instagram oder wo auch immer ihr im Netz Zuhause seid. Wir freuen uns über Kritik, Lob und Fragen zur Recherche. Besonders freuen wir uns über Leute, die uns auf Youtube abonnieren.
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