Wieder bei den Eltern wohnen: Das ist die einzige Lösung für junge Brasilianer, die sich die Miete in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr leisten können. So wie unser 30-jähriger Ersatzbruder Luciano, bei dessen Familie wir zur Untermiete gelebt haben. Er und seine Ehefrau Patricia hatten eine kleine, aber liebenswerte Wohnung an der Copacabana. Als der monatliche Mietpreis für dieses kleine Glück fast verdoppelt wurde, mussten die beiden ausziehen. Jetzt wohnen sie wieder bei ihren Eltern.
Das ist für beide wenig komfortabel. In der Vierzimmer-Wohnung von Lucianos Familie wohnt er, seine Mutter, seine Schwester, zwei brasilianische Untermieter und im Sommer dann eben noch wir beide, also insgesamt sieben Personen in vier Zimmern. Ohne Untermieter könnte sich die Familie diese Wohnung nicht leisten. Wir wohnten in Lucianos altem Zimmer, das heißt, er muss sich ein Bett mit seiner Mutter teilen, weil seines immer von Untermietern besetzt wird.
Die Wohnsituation von Patrizia ist ähnlich beschissen: Sie bewohnt mit ihren Eltern eine Zwei-Zimmerwohnung mit Bad und einer Küchenzeile im Flur. Luciano und Patrizia sind immer noch sehr verliebt, man sieht es ihnen an, aber beieinander übernachten können sie wegen des begrenzten Wohnraums nur selten; ein normales Eheleben können sie nicht führen. Eine eigene Familie gründen wollen sie so auch nicht.
Wie den beiden geht es auch anderen Brasilianern, die wir getroffen haben. Die Mieten sind im Vergleich zum Einkommen erschreckend hoch. Seit bekannt ist, dass Brasilien Gastgeber der Fußball-WM und der Olympischen Spiele ist, haben sie sich vielerorts verdoppelt. Menschen, die ihr Leben lang in Copacabana, in der Nähe des Strandes, gewohnt haben, müssen jetzt ausziehen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können.
Generell ist es in Brasilien auch weniger üblich als in Deutschland für das Studium von Zuhause auszuziehen. Die meisten Leute, die wir in Rio kennengelernt haben, sind hier aufgewachsen und haben hier ihre Ausbildung gemacht. Vielleicht führt das auch dazu, dass Eltern und Kinder dann oft eine sehr innige Beziehung haben. Man verbringt mehr Zeit mit der Familie, auch wenn man selbst erwachsen ist.
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