Fast drei Monate waren wir für euch in Japan unterwegs. Finanziert haben wir uns diese Recherche durch Crowdfunding: 5000 Euro, das war alles, was wir hatten. Japan ist aufgrund der supervollen Großstädte eines der teuersten Übernachtungsländer der Welt, aber irgendwo mussten wir ja schlafen. In ländlichen Regionen ist es zwar günstiger, dafür gibt es aber kaum Hotels. Wir haben deswegen meistens in Airbnb-Wohnungen übernachtet. Unsere verrücktesten Unterkünfte (und die dazugehörigen Gastgeber) wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten.
1) Supermario und Hello Kitty
Unser optisches Airbnb-Highlight waren zwei Apartments in Osaka: Das Supermario-Apartment und das Hello-Kitty-Apartment. Das Apartment bestand aus Supermario-Bettwäsche, Supermario-Pantoffeln, Supermario-Kissen, Supermario-Taschentüchern, Supermario-Bettwäsche, Supermario-Plüschtieren, Supermario-Toilettenpapier und natürlich einer Supermario-Spielekonsole am großen Fernseher.
Unsere Gastgeberin haben wir nicht gesehen, ihr Airbnb-Profilbild war eine Comicfigur, aber das Apartment war groß und günstig. Nach zwei Tagen im Supermario-Zuhause wollten wir noch mal verlängert, weil es dort wirklich komfortabel war, und wir uns an die angenehme Gesellschaft von Mario und Luigi sehr schnell gewöhnt hatten. Unsere Host schrieb uns daraufhin, dass Mario leider ausgebucht sei, sie aber noch Hello Kitty im Angebot habe.
So landeten wir in einem sehr süßlich duftenden Superkitsch- Apartment, in dem wir in jedem Winkel von Hello Kitty angesprungen wurden. An der Wand hing ein Foto von Gandalf, der per Photoshop in einen rosa Hello-Kitty-Strampelanzug gesteckt wurde, ebenso wie Daniel Craig und Ryan Gosling. Alles war pink. Es war unheimlich.
Kosten pro Nacht: 44 Euro für zwei Personen
2. Dein Gastgeber, der beste Freund
Unser Gastgeber in Hiroshima hieß Yo-san und hatte sein altes Leben hingeschmissen, um nur noch als Airbnb-Host zu arbeiten. So ein Lebensmodel lohnt sich für immer mehr Japaner. Dadurch tummelten sich in Yos eigenem Zuhause täglich bis zu zehn ständig wechselnde Gäste, denen er jeden Morgen aufs Neue die Kaffeemaschine erklären musste.
Wir liebten ihn. Yo war nicht nur Vaterfigur und Reiseguide, sondern auch Chauffeur für seine Gäste: Da das Haus sehr weit außerhalb stand, waren er und sein klappriges Auto eine Art Gästefahrservice, in dem die ganze Zeit US-Schnulzenmusik lief.
Yo brachte uns bei, dass man Nudeln im Sommer direkt nach dem Kochen in den Gefrierschrank steckt und dann kalt isst. Er nannte uns Risa-san und Steffi-san. Außerdem lud er uns zur Geburtstagsfeier seines Vaters ein, bei der uns die anderen Gäste Halloweenmasken und graue Perücken aufsetzten und mit einer Penisattrappe aus Gummi wedelten. Der Geburtstagskuchen war eine Lachstorte mit Reis.
Das einzige Defizit: Yo schrieb bis zum Ende immer „Risa“ statt „Lisa“ an unsere Zimmertür, obwohl wir sogar noch ein zweites Mal bei ihm übernachteten.
Kosten pro Nacht: 70 Euro für zwei Personen
3. Der Teezeremonienmeister
Als wir zu einer Recherche nach Fukushima fuhren, stellten wir fest, dass die Gästezimmerdichte in der Region nicht die höchste ist. Also übernachteten wir im nahegelegenen Sendai. Bis dahin hatten wir es versäumt, eine echte japanische Teezeremonie zu erleben, also buchten wir uns bei einem kahlköpfigen Teezeremonienmeister ein. Er lebte ganz alleine in einem sehr großen Haus und beherbergte ähnlich wie Yo aus Hiroshima täglich wechselnde Gäste.
Am ersten Abend hat er uns durch seine gesamten Speisekammer probieren lassen: Feigenmarmelade, eingelegte Zwiebeln, schwarzer Knoblauch, selbstgemachte Molke. Wir schliefen auf klassischen japanischen Tatami-Matten auf dem Boden.
Der Teezeremonienmeister verstand kein Englisch, die nonverbale Verständigung klappte aber gut. Außer bei der Teezeremonie. Dabei muss man sehr viele komplizierte Einzelschritte überstehen, bis man endlich aus seiner Tasse trinken darf. Wir scheiterten schon bei Schritt 1: Vor dem Betreten des Raumes muss man sich die Hände waschen, was wir allerdings nicht ordnungsgemäß durchführten. Aber der Tee war lecker und der Meister sehr freundlich.
Kosten pro Nacht: 44 Euro für zwei Personen
4. Das Ich-bin-so-gut-versteckt-dass-du-mich-niemals-findest-Zuhause
„Geht an dem Haus mit den roten Türen nach links, dann zwei Blocks, bei dem zweiten ist ein Supermarkt, dann seid ihr immer noch richtig. Yay!“
Ein Gastgeber am Stadtrand von Tokio schickte uns auf eine Schnitzeljagd, bevor wir ins Haus durften. Mit unseren Riesenrucksäcken schleppten wir uns durch die Nacht, müde von der Zugfahrt und nicht mehr unbedingt mit dem Elan für ein Kindergeburtstagsspiel. Dabei kann man in Japan eigentlich froh sein, wenn man so einen detaillierten 20-Punkte-Schnitzeljagd-Plan bekommt: Es gibt häufig keine richtigen Straßennamen oder Hausnummern. Und wenn du jemanden nach dem Weg fragt, kann er dir oft nicht weiterhelfen, gibt das aber aus Höflichkeit nicht zu, sondern sucht mit dir zusammen weiter.
Nervig wird es, wenn du zwar eine Wegbeschreibung bekommst, die aber einen Fehler enthält (zum Beispiel Supermarkt A mit Supermarkt B verwechselt wird). Genau das ist uns passiert, so dass wir stundenlang im Regen herumirrten, bis wir die Unterkunft fanden. Grund für die Verwirrung ist meist, dass sich ein professioneller Makler als privater Vermieter ausgibt, um bessere Chancen bei Airbnb zu haben. Dabei kann es nur leider passieren, dass er mehrere Wohnungen durcheinander schmeißt.
Kosten pro Nacht: 74 Euro für zwei Personen
5. Die Horror-Familie
Auf der Suche nach alten japanischen Taucherinnen in Toba wohnten wir in Nagoya, einer nicht sonderlich schönen Auto-Großstadt, Typ Rüsselsheim oder Wolfsburg. Dort übernachteten wir bei einer Familie, die gleich zu Beginn sagte: „Japanisch sprechen ist in diesem Haus verboten.“ Nicht, dass wir mehr als ein paar Wörter Japanisch sprechen, aber es war schon merkwürdig, zumal die Gastgeber Japaner waren.
Es stellte sich heraus, dass der Vater als Übersetzer arbeitete und seinen Sohn englischsprachig erziehen wollte. Nur englischsprachig. Grund: “Japaner sprechen zu schlecht Englisch, mein Kind soll anders sein. Wenn er in die Schule kommt, wird er dort schon automatisch Japanisch lernen.“
Das fünfjährige Kind wächst also mitten in Japan auf, spricht aber kein Wort Japanisch. Deshalb hatte der Junge auch keinen einzigen Freund.
Wir und sein englischsprachiger Computer waren also seine einzigen Bezugspersonen. Der kleine Ren brüllte und tobte, wenn wir es wagten, das Haus zu verlassen oder uns zum Arbeiten aufs Zimmer zurückzogen. Wir waren sehr froh, als wir uns sehr freundlich und mit Abschiedsgeschenk von dieser Familie verabschieden konnten.
Kosten pro Nacht: 45 Euro für zwei Personen
Neun Wochen lang reisten wir so durch das Land. Wir wollen keine dieser Erfahrungen missen, aber in Woche zehn wurde uns das alles zu viel: Wir buchten uns für die letzten drei Tage in Tokio in ein Hostel ein. Zur Entspannung. Falls ihr je in Japan übernachten wollen solltet, fünf Tipps:
1. Ihr braucht in japanischen Airbnbs weder eigene Handtücher noch Duschzeug oder Shampoo. Spart euch das Gepäck.
2. Nehmt Unterkünfte mit tragbarem Wlan.
3. Wenn die Unterkunftsbeschreibung auf Englisch verfasst ist, heißt das gar nichts. Geht eher davon aus, dass der Host nur Japanisch spricht.
4. Kümmert euch vor Anreise um eine detaillierte Wegbeschreibung, verlasst euch in Japan nicht auf Google Maps.
5. Die Wände und auch die Bettdecken sind dünn und es gibt teilweise keine Heizung. Also: Nehmt zum Schlafen ruhig was Warmes mit.
Dieser Text ist auch hier bei bento erschienen.
Schreibe einen Kommentar