Ihr habt dafür abgestimmt, dass wir uns das brasilianische Schulsystem genauer anschauen: Ist Lehrer wirklich so ein schlechter Job? Was läuft gut, was läuft schlecht? Wie unterscheiden sich verschiedene Schulen? Was sagen die Kinder? Wir machen den Selbsttest und drücken für euch die Schulbank.
Leser Alexander hat uns einen Tag an die Schule mitgenommen, an der er unterrichtet. Eine staatlich finanzierte Eliteschule. Die EPSJV (Escola Politécnica de Saudé Joaquim Venâncio), eine weiterführende Schule für Gesundheitsberufe, ist eine der Vorzeigeschulen in Rio de Janeiro. Die Lehrer hier verdienen im Gegensatz zu denen an anderen Schulen auch ein Vorzeigegehalt: ohne Doktortitel kriegen sie bis zu 2000 Euro im Monat. Zum Vergleich: Ein Lehrer an einer gewöhnlichen Schule bekommt gerade einmal rund 500 Euro im Monat und hat nebenbei noch andere Jobs, um sich sein Leben finanzieren zu können.Lehrer Alexander hatte Glück, genauso wie die Schüler, die hier ausgebildet werden. Diese Schule profitiert davon, dass sie so stark von der brasilianischen Regierung gefördert wird, eine Förderung die vielen Kindern an anderen Schulen fehlt. Wir werden uns in der nächsten Zeit noch andere Schulen anschauen, um die Bedingungen, unter denen die Kinder hier lernen, besser vergleichen zu können. Zuerst erfahrt ihr hier aber, wo die Schüler der Eliteschule herkommen, was die Probleme sind, die sich an der Schule ergeben und wieso hier so wenige Kinder aus der Favela gegenüber unterrichtet werden.
Die Schule ist gut ausgestattet: Fernseher, Computer, Beamer, ziemlich neue Klassenräume. Die Schüler sind zwischen 14 und 18 Jahre alt und haben vollkommen unterschiedliche soziale Hintergründe. „Manche kommen aus der Favela, andere haben einen privaten Chauffeur“, erzählt uns Philosophie-Lehrer Alexander. Gemeinsam haben alle, dass sie einen schwierigen Aufnahmetest bestanden haben, um hier angenommen zu werden.
„Dass Schulklassen so durchmischt sind wie hier, ist extrem selten“, so Alexander. „Wenn die Schüler hier mit 14 Jahren aufgenommen werden, gibt es im ersten Jahr meistens ein paar Probleme.“ Die ärmeren Schüler halten die reicheren oft für arrogant, die wohlhabenden Kinder blicken auf die anderen herab. „Nach dem ersten Jahr entstehen meistens aber richtig gute Freundschaften zwischen den Kindern. Sie lernen viel voneinander. Die reicheren sind meistens kulturell besser gebildet, die ärmeren sind daran gewöhnt, hart zu arbeiten und sehr selbstständig zu leben. Das ergänzt sich gut.“
Matheus (16) und Yasmin (18) kommen beide aus dem nördlichen Teil Rios, er war auf einer Privatschule, sie auf einer öffentlichen. Heute sitzen sie nebeneinander.
Trotzdem fällt uns auf: Von der Favela gegenüber kommen hier nur wenige Kinder. „Ich kenne drei Kinder, die dort wohnen und hier zur Schule gehen.“ An die Eliteschule kommt man eben nur, wenn man die schwere Prüfung besteht. Das schaffen viele Kinder nicht. Die müssen dann auf normale öffentliche Schulen gehen, die größtenteils schlechter sind als die teuren Privatschulen, die es in Brasilien auch gibt. „Einige öffentliche Schulen gehören zu den besten des Landes. Doch die meisten sind leider wirklich schlecht,“ erzählt uns Alexander.
Pedro (16, links) und Caio (17, rechts) erzählen uns, dass die Hälfte der Schüler vorher auf öffentlichen und die andere Hälfte auf privaten Schulen war. „In meiner öffentlichen Schule, in der ich bis zur neunten Klasse gegangen bin, war alles anders als hier: Die Lehrer waren schlecht ausgebildet, der Unterricht war miserabel“, sagt Caio.
Richtig gute Schulen sind selten. Einige der Schüler sind jeden Tag bis zu vier Stunden unterwegs, um hierher und wieder zurück nach Hause zu kommen.
Wir danken Alexander und seinen Schülern schon einmal dafür, dass sie uns so freundlich empfangen haben. Mehr über das Schulsystem und die Hintergründe erfahrt ihr bald hier auf dem Blog. Kennt ihre vielleicht selbst noch brasilianische Lehrer, die uns mit an ihre Schule nehmen würden? Dann meldet euch bei uns!
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