Erst einmal danke für die vielen Nachrichten und Fragen von euch in den letzten Tagen. Wir haben uns schon mit einigen Menschen aus Blumenau getroffen, waren aber auch in Pomerode unterwegs. Pomerode ist eine kleine Stadt ganz in der Nähe, die ebenfalls damit wirbt, dass sie die „deutscheste Stadt Brasiliens“ ist.
Wie immer brauchen wir ein bisschen Zeit um unsere Eindrücke zu verarbeiten und in Ruhe aufzuschreiben und zu schneiden, was wir alles erfahren haben. Hier aber ein paar Fotos und kurze Infos von den Recherchen. Übrigens heißt unser nächster Aufenthaltsort Salvador, im Norden Nordosten Brasiliens. Dort reisen wir am Mittwoch hin. Nicht gerade um die Ecke, aber wir wollten dort unbedingt noch vorbei.
Am Sonntag waren wir in Pomerode. Ranice hat uns dazu eingeladen, ihre Heimat zu besuchen. Kaum angekommen, wurden wir von den Einwohnern in eine deutsche Tracht gesteckt. In dem Haus hinter uns kann man ziemlich viel Zeug kaufen, das die Leute hier mit Deutschland und ihren deutschen Vorfahren verbinden. Zum Beispiel Ostereier, Weihnachtsplätzchen, Häkeldeckchen und Puppen mit Dirndl. Die ersten Leute aus Deutschland kamen 1861 hierher, mit der Hoffnung auf günstiges Land und ein besseres Leben.
Deren Vorfahren Nachfahren leben heute immer noch hier. Zum Beispiel die Familie von Ranice. Sie alle können deutsch sprechen, weil das zu Hause bei einigen Familien immer noch die Standardsprache ist. Obwohl es nach dem zweiten Weltkrieg einige Jahre lang verboten war, deutsch zu sprechen. „Wie ist es eigentlich drüben?“, fragte uns ihr Schwiegervater mehrmals. Gesprochen wird hier übrigens nicht hochdeutsch, sondern Pommersch Platt. Hörbeispiele werden folgen.
In Pomerode gibt es nicht nur Fachwerkhäuser, sondern auch ziemlich viele Bäume und Pflanzen. Wir haben uns gefreut, nach der Zeit in Rio de Janeiro und Sao Paulo mal ein bisschen Natur zu sehen.
Auf dem Weg von Blumenau nach Pomerode, am Morgen, haben wir an der Bushaltestelle José kennengelernt. Er arbeitet in Blumenau als Capoeira-Meister. Er meinte, dass es für dunkelhäutige Menschen in Blumenau manchmal schwierig ist. Er fällt hier auf und fühlt sich manchmal diskriminiert. Ranice erzählte uns, dass es auch in Pomerode teilweise Schwierigkeiten zwischen den Leuten mit unterschiedlichen Hautfarben oder Herkunft gibt. José hat sich jedenfalls darüber gefreut, dass wir als nächstes nach Salvador fahren, weil das der Ursprungsort des Capoeira ist.
Wir schwärmen ja nicht oft von Leuten, aber Alda Niemeyer war einfach der Wahnsinn. Diese 93-Jährige weiß alles, kennt jeden und ist verdammt gut gelaunt. Sie hat uns erzählt, wie sie als junge Brasilianerin zum Urlaub machen nach Deutschland gereist ist und das Land dann neun Jahre lang nicht verlassen konnte, weil mitten in ihrem Urlaub der zweite Weltkrieg ausbrach. Sie erklärte uns die Geschichte von Blumenau, erzählte uns von den Folgen und dem Verhältnis der Blumenauer zum Nationalsozialismus und davon, wie das Blumenauer Oktoberfest entstand. Frau Niemeyer ist nicht nur ein Gedächtnis-Wunder, sondern außerdem Facebook-Nutzerin und durch ihren Funk-Einsatz bei einer Hochwasserkatastrophe auch eine Art Volksheldin. In ihrer Freizeit übersetzt sie brasilianische Bücher ins Deutsche.
Gestern Morgen haben wir uns dann noch den Jubiläums-Umzug der Stadt Blumenau angeschaut. Hier trafen wir zum Beispiel diesen netten Herren, der zwar kein Wort Deutsch spricht, aber Lederhosen und Bier liebt:
Das Fest war eine witzige Mischung aus Bier, Capoeira, Christentum, bayerischen Trachten, Karneval und anderen verrückten Sachen.
Was hinter der idyllischen Kulisse von Blumenau steckt, wir versuchen, euch das zu beantworten. Ebenso wie alle anderen Fragen. Ob das geklappt hat, könnt ihr hoffentlich bald hier lesen, hören und sehen.
Schreibe einen Kommentar